Mit Uferfiltration die angespannte Wasserversorgung in Indien stützen

Wasser zur Bewässerung und als Trinkwasser mit Hilfe von Uferfiltration zu gewinnen, kann die Grundwasserressourcen in Indien entlasten. Das deutsch-indische Verbundprojekt CCRBF untersucht die notwendigen Randbedingungen und macht sich dafür stark, Uferfiltration in Indien in großem Maßstab einzusetzen.

Ansicht vom Ganges

Die großen indischen Flüsse, wie hier der Ganges bei Haridwar, können mittels Uferfiltration zur Wassergewinnung genutzt werden

Cornelius Sandhu

In Indien leben mehr als 1,3 Milliarden Menschen. Es ist eine große Herausforderung, nicht nur eine so große Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen, sondern auch für die Landwirtschaft ausreichend Wasser zur Verfügung zu stellen. Der durchschnittliche Prokopfverbrauch an Trinkwasser ist in Indien im Vergleich zu westlichen Ländern zwar relativ gering. Der Bedarf an Wasser für die Landwirtschaft dagegen ist groß. Mehr als drei Viertel des in Indien gewonnenen Wassers werden in der Landwirtschaft genutzt. Da die Niederschläge in großen Teilen des Landes nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt fallen, ist die Landwirtschaft in vielen Bereichen auf Bewässerung angewiesen.

Das Verbundprojekt CCRBF

Der Verbund hat zum Ziel, die Wasserversorgung in Indien zu verbessern und gleichzeitig die Grundwasserressourcen zu schonen. Dazu wird die Forschungs- und Bildungskooperation im Bereich Wasserwirtschaft zwischen Deutschland und Indien weiter vertieft. Schwerpunkte der Kooperation sind die naturnahen Verfahren Uferfiltration und bepflanzte Bodenfilter. Die Verbundpartner bereiten gemeinsam Richtlinien für die stärkere Anwendung dieser Techniken in Indien vor und arbeiten einen Masterplan Uferfiltration aus.

Das deutsch-indische „Riverbank Filtration Network“, das bereits seit 2008 existiert, soll gestärkt und auf 15 Partner aus beiden Ländern erweitert werden: Sieben Hochschulen, vier Forschungsinstitute, zwei Wasserversorger und zwei Ingenieurbüros werden hier zusammenarbeiten. Geplant ist, ein Kompetenzzentrum Uferfiltration (Competence Centre Riverbank Filtration, CCRBF) mit Sitz in Dresden und Roorkee zu gründen. Das Kompetenzzentrum wird umfassende Beratungsleistungen zum Einsatz der Uferfiltration und praxisnahe Weiterbildungen für in der Wasserwirtschaft Tätige anbieten.

Die eingesetzte Technik: Uferfiltration

Uferfiltration ist ein naturnahes Verfahren zur Wassergewinnung. Es nutzt die natürliche Filterwirkung des Untergrundes. Man gewinnt Wasser aus Brunnen, die entlang eines Flusses gebaut werden. Das in diesen Brunnen geförderte Wasser besteht nur zum Teil aus Grundwasser. Der andere Teil des Wassers – das sogenannte Uferfiltrat – ist Flusswasser, das durch den Untergrund zu den Brunnen geströmt ist. Während das Wasser durch den Untergrund fließt, laufen verschiedene Prozesse ab, physikalische, chemische und biologische. So werden im Flusswasser vorhandene Keime und Schadstoffe zurückgehalten und durch Abbau teilweise oder vollständig entfernt.

Schematische Darstellung der Wasserströme bei der Uferfiltration

Schematische Darstellung der Wasserströme bei der Uferfiltration

HTWD

Deutschland ist weltweit führend darin, Wasser energieeffizient mittels Uferfiltration zu gewinnen. Indem Uferfiltrat gefördert wird, können die vorhandenen Grundwasservorräte geschont werden.

In Indien werden landwirtschaftliche Flächen häufig noch direkt mit Flusswasser bewässert. Das ist problematisch, da die im Flusswasser enthaltenen Schadstoffe und Krankheitserreger ungefiltert auf die Flächen und damit auch auf die Pflanzen verteilt werden. Verwendet man für diesen Zweck Wasser, das durch Uferfiltration gewonnen wurde, ist diese Gefahr deutlich geringer.

Demonstrationsanlagen mit begleitender Forschung

Als Teil des Verbundprojekts wird in Demonstrationsanlagen an vier indischen Flüssen Uferfiltrat gewonnen. Das Wasser wird untersucht und so das Reinigungspotential der Uferfiltration demonstriert. Das Monitoring sichert nicht nur die Qualität des gewonnenen Trink- und Brauchwassers, es vermittelt den Beteiligten in Indien zugleich praktisches Wissen über die Handhabung der Technik vor Ort.
 

Der Bau eines Uferfiltrationsbrunnens wird gestartet

Bau eines Uferfiltrationsbrunnens

HTWD

In einer weiteren Demonstrationsanlage werden bepflanzte Bodenfilter eingesetzt, um Abwasser zu reinigen. Diese Technik – umgangssprachlich oft auch als „Pflanzenkläranlage“ bezeichnet – eignet sich sehr gut zur dezentralen Reinigung von Wasser vor allem im ländlichen Bereich. In Indien haben sich bepflanzte Bodenfilter bewährt und können helfen, die stetig zunehmenden Abwassermengen der dynamisch wachsenden Bevölkerung zu bewältigen. Der Betrieb der Anlage wird wissenschaftlich begleitet. Außerdem dient die Anlage als Anschauungsobjekt für interessierte Kommunen und Wasserversorger.

Einer der Schwerpunkte des Netzwerkes ist es, Ingenieurinnen und Ingenieure von indischen Wasserversorgungsunternehmen mit dem Einsatz der beiden Verfahren vertraut zu machen und praktisch weiterzubilden.

Rahmenbedingungen festlegen und einen Masterplan vorbereiten

Ein wichtiger Meilenstein des Verbundvorhabens ist es, innerhalb des Netzwerkes die notwendigen Rahmenbedingungen für einen sinnvollen Einsatz der Uferfiltration herauszuarbeiten. Nicht an allen Uferbereichen von Flüssen ist diese Methode geeignet. So sollten zum Beispiel Entnahmebrunnen nicht zu nah an der Mündung von Flüssen ins Meer angelegt werden. Bei Flut vermischen sich im Mündungsbereich das salzige Meerwasser und das Flusswasser. Wenn in diesem Bereich Uferfiltrat gewonnen wird, ist nicht nur das gewonnene Wasser zu salzig, um es verwenden zu können, sondern es wird auch mehr salziges Wasser in den Untergrund gelangen und das Grundwasser beeinträchtigen.

Darüber hinaus geht es darum, gemeinsam mit den beteiligten Institutionen Richtlinien zum Einsatz der Uferfiltration und von bepflanzten Bodenfiltern in Indien weiterzuentwickeln. Diese Richtlinien sollen als Basis für Entscheidungen der Politik dienen und in der Verwaltung helfen, den Einsatz der Techniken zu begleiten.

Innerhalb des Netzwerks arbeiten die praktisch Tätigen und die Forschenden der beteiligten Institutionen gemeinsam an einem wissenschaftlichen Masterplan für den Einsatz der Uferfiltration. Dieser Masterplan wird mit den Forschungseinrichtungen des indischen Ministeriums für Wasserressourcen gemeinsam erarbeitet. Ziel ist, bis 2030 bis zu 5% der Trinkwasserversorgung durch Uferfiltration zu realisieren.

Kooperationspartner der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden: